Conrad Giller Blog

Marietta Slomka über das Geheimnis ihrer Interviews

28. Februar 2012. Marietta Slomka verrät in einem Beitrag von ZDF Heute Journal Plus, wie sie sich auf ihre Interviews vorbereitet, alles sehr sympathisch erzählt und mit Ausschnitten aus eigenen Interviews illustriert. Gut zu wissen, denn die anderen Profis machen es nicht viel anders. Was verrät sie uns im Einzelnen?

Auf ein Interview von 4 Minuten bereitet sie sich schon mal 3 Stunden vor. Sie recherchiert viel Hintergrundmaterial, analysiert Zahlen und liest Bilanzen.
Sie legt außerdem fest, über welche Themen sie sprechen will und wo sie mit dem Beitrag am Ende hin will.
Sie überlegt sich, welche Antworten sie auf eine bestimmte Frage bekommen könnte – denn viele Antworten sind vorhersehbar – und wie sie mit der einen oder anderen davon das Gespräch fortsetzen kann.
Dann formuliert sie noch die Einstiegsfrage sehr sorgfältig aus, denn davon hängt der Verlauf des gesamten Gesprächs ab.

Bei 3 Stunden Recherche findet sie bestimmt einige interessante Themen.
Wie viel Zeit verwenden Sie eigentlich auf Ihre Interview – Vorbereitung? Kennen Sie alle möglichen Fragen, einschließlich der dafür passenden Antworten – und der darauf folgenden Anschlussfragen? Wurden Sie schon mal von einer Frage überrascht? Das dürfte bei einer guten Vorbereitung eigentlich nicht passieren
.

Weitere Fragen hat sie nicht auf dem Zettel, nur Stichpunkte. So klebt sie mit den Augen und dem Kopf nicht am Zettel sondern fest sondern kann zuhören und flexibel bleiben für die Wendungen des Gesprächs.

Interessant! Ein sauberer Startschuss, ein klares Ziel, gut abgespeicherte Fakten und eine Grobstruktur für die möglichen Verzweigungen des Gesprächs reichen ihr für ein gutes Interview. Fix im Ziel und flexibel im Weg.
Wie sieht Ihre Gesprächsvorbereitung aus: Botschaft, Ziel, Argumente, Antwortstrategien, Umgang mit unangenehmen Fragen…? Alles klar?

Was verrät sie noch? Sie akzeptiert, dass ihre gewöhnlich aus der Politik kommenden, professionell gebrieften Gesprächspartner lieber Botschaften absetzen als etwas zu offenbaren.
Sie fühlt sich allerdings für das Unangenehme zuständig: Kritische Fragen stellen, den Finger in die Wunde legen, bohrend nachfragen, Widersprüche aufdecken, Gegenpositionen vertreten – unabhängig von ihrer eigenen Meinung, um die es hier nicht geht.
Eine immer wieder schwierige Frage dabei: Jemanden ausreden lassen oder ihn unterbrechen, obwohl er schwafelt oder bewusst Zeit schindet? Marietta Slomka hat für ihre Entscheidung eine rückwärts laufende Uhr mit der Restzeit des Interviews immer im Blick.

In den drei Stunden Recherche ist ihr garantiert aufgefallen, ob ihr Gesprächspartner im Laufe der Zeit seine Position geändert hat, ob er seine eigenen Versprechungen schon erfüllt hat oder was er von anderen in vergleichbaren Situationen eingefordert hat. Das sind ja keine ehrenrührigen Aspekte, Sie sollten nur mit passenden Argumentationen darauf vorbereitet sein!

Insgesamt ein sehr interessanter und unterhaltsamer Beitrag von der anderen Seite, passt komplett zu allem, was wir Ihnen empfehlen.
Vielen Dank, Frau Slomka!

Bis zum nächsten Thema!